Haltungsformen werden verpflichtend
Vielleicht ist dem einen oder anderen es schon aufgefallen: Auf immer mehr tierischen Produkten finden sich Informationen über die Haltungsform des Produktes wieder. Und das ist kein Zufall, seit August 2023 wurde in Deutschland eine verbindliche Tierhaltungskennzeichnung von erstmal nur Schweinefleisch beschlossen, die ab August 2025 verpflichtend sein soll. Die Übergangsregelung wurde bis zum ersten März 2026 verlängert.
Mit dieser Regelung weisen Verpackungen transparent aus, wie die Tiere gehalten wurden. Die Pflicht zur Kennzeichnung weiterer tierischer Produkte ist geplant, um Verbraucherinnen eine bewusste Kaufentscheidung zu ermöglichen. Bis vor kurzem haben sich diese Haltungsformen in vier Stufen gegliedert, seit diesem Jahr ist eine fünfte hinzugekommen. Doch was genau bedeuten die einzelnen Haltungsformen?
Die fünf Haltungsformen
- Stallhaltung: Grundanforderung mit begrenztem Platz, zwischen 0,5 und 2,2 Quadratmeter pro Tier. Mit organischem Beschäftigungsmaterial wie Stroh oder Sägespäne. Diese Tiere bekommen kein Tageslicht zu Gesicht und die Haltung entspricht dem untersten gesetzlichen Mindeststandard für Tierhaltung.
- Stallhaltung Plus: 10–12,5% mehr Platz, also 0,5 – 3 Quadratmeter pro Tier. Strukturierte Buchten mit mehr Beschäftigungsmaterial und manchmal Zugang zum Auslauf. Enten müssen ab dieser Stufe Tageslicht ausgesetzt werden, Milchkühe und Fleischrinder dürfen nicht das ganze Jahr angebunden sein. Schweinen steht jederzeit Auslauf zur Verfügung, der Auslauf draußen ist in der Platzberechnung mit eingerechnet und nicht zusätzlich.
- Außenklima: 0,7 bis 4 Quadratmeter pro Tier. Tiere haben ständigen Kontakt zum Außenklima oder teilweise Zugang zum Auslauf. Zum Beispiel ist eine Seite des Stalles nach draußen geöffnet oder sie haben einen überdachten Außenbereich. Anbindehaltung von Rindern ist ab dieser Stufe verboten. Das Futter der Tiere wird entweder ohne Gentechnik hergestellt oder aus regionalen Futtermitteln gewonnen.
- Premium: Die Tiere haben neben dem geschlossenen Wärmestall (0,5 bis 5 Quadratmeter pro Tier) zusätzlich noch Auslauf (3 Quadratmeter pro Tier). Schweine haben hier mindestens 50% mehr Platz als in der Stallhaltung. Das gesamte Futter der Tiere wird ab dieser Stufe ohne Gentechnik hergestellt. 60% des Futters muss aus dem eigenen Betrieb oder der Region kommen. Es gibt auch eine Variante dieser Stufe, wo Schweine dauerhaft im Freien leben, ohne festen Stall.
- Bio: 0,8 bis 5 Quadratmeter pro Tier mit zusätzlichem Auslauf oder Weide ohne Anbindung. Das Futter muss aus ökologischer Erzeugung stammen, ca 70% der Futtermittel müssen aus dem eigenen Betrieb oder der Region kommen. Antibiotika dürfen nur unter strengen Bedingungen, und wenn pflanzliche und andere Mittel ungeeignet sind, verabreicht werden. Schweine haben 150 % mehr Platz als in der Stallhaltung.
Damit Verbraucher auch wirklich selbst entscheiden können, welche Haltungsform sie unterstützen möchten, ist es wichtig, dass diese erkennbar werden. Aktuell stammen die meisten Produkte aus Haltungsform 1 und 2, die Verpflichtung der Sichtbarmachung könnte den Druck auf die Lebensmittelwirtschaft erhöhen, das Angebot der anderen Haltungsformen auszuweiten und Konsument:innen zum Umdenken anregen.
Warum sollte ich höhere Haltungsformen kaufen?
Studien zeigen, dass Tierwohl nicht allein durch mehr Platz bestimmt wird, aber die höheren Haltungsformen oft bessere Lebensqualität für die Tiere bedeuten. Bio-Haltung garantiert neben mehr Fläche auch eine strengere Fütterungsvorgabe mit regionalem, biologischem Futter, reduzierte Medikamenteinsatz sowie mehr Beschäftigung und Auslauf. Der zusätzlich niedrige Energieaufwand durch Weidenhaltung hat nicht nur eine positive Auswirkung auf das Tier, sondern auch auf die Umwelt und den Klimaschutz. Beim Kauf von Premium oder Bio-Produkten unterstützt du zudem nachhaltige Landwirtschaft und stärkst Tierschutzpraktiken, die über das gesetzliche Mindestmaß hinausgehen.
Tierschutz Label
Der deutsche Tierschutzbund hat zudem das Tierschutz Label “Für mehr Tierschutz” entwickelt, welches seit 2013 auf ausgewählten Lebensmitteln zu finden ist. Ihr Label hat zwei Stufen, eine Einstiegsstufe und die Premiumstufe. Je nach Tierart gibt es verschiedenen Kriterien, die die Hersteller erfüllen müssen, um das Label erhalten zu können. Grob zusammen gefasst geht es aber meist um deutlich mehr Platz, mehr Beschäftigung, Auslauf ins Freie und dass Tiere zwischen Innen- und Außenbereichen selbst wählen können. Besonders wichtig ist dem Tierschutz, dass es hierbei nicht nur um die Haltung geht, sondern auch um Transport, Schlachtung, Verarbeitung und Vermarktung. Ein Schwein hätte bei der gesetzlichen Stallhaltung, also der Grundanforderung, ca 0,75 Quadratmeter Platz zur Verfügung. Bei der Tierschutz Premium Variante wären es 1,5 Quadratmeter, welches die gleiche Menge wie in der Bio-Stufe wäre. Zusätzlich dürfen Tiere maximal 4 Stunden transportiert werden, die gesetzliche Mindestregelung liegt aktuell bei maximal 8 und in Sonderfällen sogar 24 Stunden.
Was kann ich tun?
Wie wäre es, wenn du mal einen kleinen Ausflug vor denen Kühlschrank machst: Was isst du gerne? Was davon ist tierisch? Findest du vielleicht sogar ein Haltungs- oder Tierschutz Label auf manchen Produkten?
Bei deinem nächsten Einkauf könntest du die Augen aufhalten: Bietet dein Einkaufsladen der Wahl verschiedene Haltungsformen an? Wie ist der Unterschied zu einer höheren Form?
Du könntest dir die Frage stellen, falls du tierische Produkte essen solltest und in der finanziellen Position bist, dass es für dich nicht so schlimm ist, wenn dein Joghurt wenige Cent mehr kostet, ob du eine andere Haltungsform nicht mal ausprobieren wollen würdest.
Halte dir vor Augen, dass du dabei nicht nur was gutes für das Tier, die Umwelt und den Klimaschutz tust, sondern auch ganz direkt für dich, da die Tiere in höheren Haltungsformen wenige bis keine Antibiotika oder mit Gentechnik verarbeitetes Futter erhalten.
Sprich mit deinen Freund:innen und deiner Familie darüber, vielleicht findet ihr so gemeinsam neue Produkte, die euch sogar besser schmecken, als die, die ihr bisher gerne gegessen habt!
Fazit
Die verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung ist ein wichtiger Schritt zu mehr Transparenz und Bewusstsein beim Fleischkauf und dem Kauf von tierischen Produkten. Sie gibt uns allen die Möglichkeit, aktiv für bessere Haltungsbedingungen zu wählen. Bio-Produkte und die höheren Haltungsformen setzen meist höhere Tiere- und Umweltschutzstandards, die über das gesetzliche Minimum hinausgehen. Außerdem sind sie auch besser für uns selbst. Die Ergänzung der Bio Stufe ist dabei ein wichtiger Schritt, weil sie einen noch höheren Standart als die Premiumstufe bietet. Zudem umfasst das Label “Für mehr Tierschutz” von dem Deutschen Tierschutzbund nicht nur die Haltung, sondern auch den Transport und Verkauf von tierischen Produkten und fordert unter anderem mehr Platz für Tiere. Du kannst helfen, in dem du deine Kaufentscheidungen hinterfragst und wenn du tierische Produkte essen solltest, es in Erwägung ziehst auf eine höhere Haltungsstufe zu wechseln, falls dir das möglich ist.
Tierschutz fängt bei den kleinen alltäglichen Entscheidungen an, die jede Person trifft. Jede:r von uns kann einen, wenn auch kleinen, doch in der Summe dann doch sehr großen, Schritt dazu beitragen.